Vor inzwischen fünf Jahren, als noch keine Zeitungen, Zeitschriften und erst recht keine Menschen sich mit David Guetta beschäftigten, gab es einen anderen Produzenten im Pop-Kosmos der einen ähnlichen Status hatte, wie der langhaarige 3-Tage-Bart-Träger ihn zurzeit hat: Timbaland
Der fünf Jahre jüngere Amerikaner hatte sie damals alle. Ob die sich bereits damals auf dem absteigenden Ast befindende „Queen of Pop“ Madonna („Hard Candy„), die etwas andere Popsängerin Nelly Furtado („Loose„) oder den immer noch jungen, aber doch gereiften Justin Timberlake („Futuresex/Lovesounds„). Er produzierte für 50 Cent („Ayo Technology (feat. Justin Timberlake)“) und viele andere Popgrößen.
Auf seiner eigenen Zusammenstellung auf Albumlänge „Shock Value“ sangen und rappten Black Music Größen, wie Missy Elliot, Persönlichkeiten wie Elton John und sogar Rockbands wie Fall Out Boy und The Hives nahmen Songs mit ihm gemeinsam auf.
Wie oft hörte man die Singles „Maneater“ und „Say It Right“ von Nelly Furtado, die unzähligen Auskopplungen Justin Timberlakes und die Kooperationen zwischen mehreren Künstler wie „Give It To Me“ (Nelly Furtado & Justin Timberlake), „The Way I Am“ (Keri Hilson & D.O.E.) oder „Scream“ (Keri Hilson & Nicole Scherzinger) aus dem Radio dudeln.
OneRepublic verschaffte er mit „Apologize“ gar die Aufmerksamkeit für ein ganzes Album.
Timbalands Sound war stets eher reduziert, wenn nicht gar minimalistisch. Vor allem im direkten Vergleich mit den auf 100 Spuren produzierten Dancefloor-Hymnen David Guettas klingen manche Songs fast dünn und leer.
Doch damals kam ein Großteil an chartsrelevanter Musik nicht ohne Klacken und Klatschen von Percussion aus.
„Futuresex/Lovesounds“ von Justin Timberlake war eines der ersten Alben, die ich mir ganz bewusst von meinem eigenen Geld kaufte und anschließend rauf und runter hörte. Und auch heute klicke ich die Songs auf meinem iPod im Shuffle-Modus nicht immer (gleich) weiter.
Das, was vor allem das zweite Album des ehemaligen *NSYNC-Mitgliedes ausmachte war der stellenweise fast bandartige Sound. Timbaland hatte einen Großteil der zwölf Songs mitproduziert und dem Album neben Rick Rubin quasi einen Rahmen verliehen.
Die Beats sind klar, teilweise fast wie von einem echten Schlagzeug gesampelt. Die verschiedenen Tonspuren lassen sich oftmals fast genau heraushören. Dort ein Synthie, da ein Keyboard, dort die Beats, da zwei verschiedene Percussion-Samples, da die E-Gitarre. Die Lyrics fast immer problemlos verständlich, melodiös aber auch gerappt.
Auch der Aufbau des Albums und auch der der Songs wirken eher wie auf einer Rockplatte. Zwölf Tracks mit einer Gesamtlänge von über 65 Minuten, keiner unter vier Minuten – zumindest wenn man die Pre- und Interludes miteinbezieht. Ein klassisches Mittel im Hip-Hop/R’n’B-Bereich, doch selten so umgesetzt wie hier. In „Lovestoned“ z.B. mit einer reinen E-Gitarren-Sequenz die in eine Soul-Nummer überleitet.
Überhaupt findet sich hier viel Außergewöhnliches, nicht nur die vielen klar erkennbaren Gitarren, auch Geigen und andere Instrumenten-Samples hört man – nicht nur Synthie-Wände, wie bei Mr. Guetta.
„Futuresex/Lovesounds“ ist ein Popalbum, welches Einflüsse aus den verschiedensten Genres beinhaltet und dessen Tracks größtenteils von Hip-Hop-Produzenten (neben Timbaland, u.a. will.i.am und Danja) produziert wurden.
Heute spricht kaum jemand mehr über Justin Timberlake, der mit der Musik aufgehört und sich der Schauspielerei gewidmet hat. Doch ich glaube, dass aufgrund des nicht zu überladenden Klangs, vor allem auch bei den sich am Schluss befindenden drei Balladen, die Relevanz des Albums und somit auch die von Timbaland im Endeffekt höher sein wird, als die der Titel von David Guetta. Denn je weniger überbordend Musik ist, desto weniger ist das Hören, auch nach vielen Jahren, von Schamgefühlen behaftet.