Der Tisch hinter dem Fenster
by Yannik
Er saß am holzernen Tisch, der am Fenster, das in Richtung des Sees gerichtet war, stand. Die Maserung war dunkel, Macken die einen helleren Farbton hervor holten. Kratzer. An manchen Stellen war die obere versiegelte Schicht ein wenig abgerieben. Die Ecken waren stark angeschlagen und längst keine Ecken mehr. Mehr eckige Rundungen.
Er blickte durch das Fenster, dessen weiße Farbe vom alten Holz abblätterte, hinaus. Erst vor ein paar Tagen hatte er mühevoll mit Wasser und Seife das Glas gesäubert. Der See, der so in seinem Blickfeld war, schimmerte ein wenig, wenn die Sonne doch ihren Weg durch das noch engmaschige Wolkendickicht fand. Ganz selten, konnte er auch Fischer auf dem See beobachten. Doch die meisten Menschen waren längst nicht mehr hier.
Er schrieb mit Feder und Tinte auf teures, aber inzwischen vergilbtes und nicht mehr vollkommen glattes Papier. Die schwarz-blaue Farbe floss dick, aber gezielt in die Fasern die vor vielen, vielen Jahren noch Teil eines großen, jungen, kräftigen Baumes gewesen waren.
Auch sein Gesicht war längst nicht mehr jung. Auch in seine Fasern war Tinte geflossen, die getrocknet ist und Spuren hinterlassen hat. Um die Augen herum und an den Mundwinkeln wirkten sie fast schon ordentlich, als seien sie gewollt und wie bei einem Gemälde mit einem zierlichen, dünnen Pinsel hingemalt worden.
Die Schreibtisch an dem er auf einem ebenso alten Stuhl saß, waren neben einer Kommode, die einzigen Dinge, die sich in diesem Raum befanden. Das Haus war zu groß, um alle mit genügend Mobilar zu bestücken.
Er hatte fast die ganze Seite beschrieben, als er die Feder zurück in den Halter stellte. Am unteren Ende des Textes den er festgehalten hatte, konnte man seine Unterschrift erblicken, die er ebenso ordentlich wie alle anderen Worte notiert hatte. Es schien ein wichtiger Brief zu sein, doch das Datum am oberen rechten Rand fehlte.
Als die Wolkendecke aufgebrochen war und die Morgensonne es über die mittelhohen Berge geschafft hatte, stand er auf, stellte den Stuhl ordentlich und nah an den Schreibtisch und ging in ruhigen Schritten in Richtung der Tür. Die Schritte seiner schweren Hausschuhe, die erklungen, hallten in dem so bedacht belebten Raum.
Er drückte die Klinke herunter, es quietschte leicht, und zog die Tür auf. Er schritt hinaus. Mit wenig Druck schloss er die Türe hinter sich.