Handliche Schriften
by Yannik
Handschriften sind einzigartig. Theoretisch lassen sie zu, über sie die Person, der sie gehört, zu identifizieren. Jeder Mensch schreibt anders. Manche in Schreibschrift, manche in Druckschriften und manche in einer Mischung aus beidem. Immer wieder ist es spannend jemandem zuzusehen, wie er schreibt und vor allem wie das Geschriebene aussieht. Schreibt die Person schnell oder langsam? Ordentlich oder eher unsauber? Macht sie die Wortzeichen während des Schreibens des Wortes oder erst nach dem sie das Wort ausgeschrieben hat? Schreibt sie eher klein oder groß? Hat die Schrift bestimmte, auffallende Alleinstellungsmerkmale oder besitzt sie eher einen geringen Wiedererkennungswert?
Leider widmen wir uns in Zeiten der allgemein verfügbaren Technologien immer weniger unseren analogen Schreibtechniken. Auch dieser Blog kommt ohne meine persönliche Handschrift aus, dabei wäre es theoretisch ja auch möglich die Artikel per Hand zu schreiben einzuscannen und dann als Bilddatei zu veröffentlichen. Aber Dinge per Hand zu schreiben, bedeutet auch sich Zeit für etwas zu nehmen. Sich für etwas Zeit zu nehmen, für das man sich grundsätzlich eigentlich keine Zeit mehr zu nehmen braucht. Verlernen werden wir es wohl nie ganz, aber irgendwann wahrscheinlich doch nicht mehr so gut können, wie wir es mal konnten. Bevor es den Buchdruck gab, konnten zwar nur wenige, meist reiche Menschen schreiben, doch waren die Schriften damals unglaublich ordentlich und standen den Gedruckten damals in nichts nach. Spätestens durch die Erfindung von Computern und elektrischen Druckgeräten hat sich die Ästhetik von Handschriften ganz sicher verschlechtert. Wer schreibt heute noch so ordentlich, wie man es vor hunderten von Jahren tat? Und dafür gibt es keinen anderen Grund als die immer größer werdenden technischen Möglichkeiten und die Beschleunigung des alltäglichen Lebens durch Digitalisierung.
Wer schreibt nach der Schulzeit noch täglich bzw. regelmässig längere Dinge per Hand? Und diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sicherlich noch verstärken. Bereits jetzt werden geringfügig PCs und Laptops im Schulunterricht eingesetzt. Briefe werden entweder am PC geschrieben und ausgedruckt oder gar nur noch per E-Mail verschickt. Klar, der Mensch sehnt sich nach der Vereinfachung von Dingen, vor allem, wenn die Möglichkeiten so nahe liegen und leicht verfügbar sind, aber geht dies nicht irgendwann auf Kosten der Individualität? Schließlich lässt sich über einen Ausdruck nur schwer nachvollziehen, von wem das Geschriebene stammt.
Wir sollten versuchen analoges Schreiben nicht zu vernachlässigen.
Denn wer will schon einen abgetippten Liebesbrief?